Schneiden, wenn der Regisseur nicht zurückkommt

von Monika Willi

Untitled/Der Film ohne Namen – ein Jahr lang eine filmische Reise um die Welt unternehmen, mit einem kleinen Team in einem VW-Bus, ausschließlich am Land- und Wasserweg. Immer nur in eine Richtung, also nach vorne, nie zurück. Ohne Thema, ohne Vorgabe, der eigenen Intuition und Neugierde folgend. Diesen Film haben Michael Glawogger und Attila Boa über Jahre hinweg entwickelt und konnten nach langer Finanzierungssuche endlich mit der Realisierung beginnen. In der Vorbereitungszeit war ich oft Teil freudvoller Treffen, denn die Freiheit ist immer freudvoll, wenn man bereit ist, sie zu wagen. Aber sie ist auch beschwerlich, denn es ist unendlich schwierig, einen Fokus zu finden, wenn nicht einmal die Brennweite vorgegeben ist.

Aber nicht das Wagnis, eine Mücke führte zum Tod von Michael Glawogger. Plötzlich waren – um es auf das Filmische zu reduzieren – 70 Stunden Material vom Balkan, aus Italien, aus Nordwest- und Westafrika herrenlos in meinem Schneideraum. Ich habe mir gewünscht und erbeten, daraus einen Film machen zu dürfen.
Es musste daher eine zweite Reise unternommen werden, vorerst auch dem Leitmotiv des Filmes folgend: Serendipity! Den glücklichen Zufall gibt es beim Finden, nicht jedoch in der Montage – oder anders gesagt: im Schneideraum sind wir verpflichtet, das Gefundene immer und immer wieder zu überprüfen und abzuklopfen. Ein Schnitt, der bleiben soll, hat nichts Zufälliges mehr. So habe ich schmerzlich die großen Unterschiede gelernt. Schneiden, mit und ohne Regie. Es genügt nicht, bloß eine Meinung zu haben, wenn Entscheidungen zu treffen sind.

Es gab ein paar wenige Richtlinien und Grundsätze, die leicht zu erfüllen waren. Denn was man vor und während der Dreharbeiten schon weiß, wird umgesetzt, ist also da und realisierbar. Was aber ist mit all den offenen Fragen? Wie gehe ich mit der Verantwortung einer Idee, einem guten Freund und hochgeschätzten Regisseur gegenüber um? Wie löse ich mich von der Idee, es so machen zu wollen „wie er“? Man kann nicht mit dem Kopf eines anderen denken, und auf Fragen, die man in die Unendlichkeit hinein stellt, kommen keine Antworten. Es sagt sich so leicht: Wir haben doch über viele Jahre hinweg gemeinsam gearbeitet. Die Abwesenheit ist mehr als nur das Gegenteil der Anwesenheit.

 

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