Partizipatives Erzählen im Dokumentarfilm

von Maja Tschumi und Mitwirkenden

Als mir der irakische Aktivist Khalili sein Filmmaterial über die Strassenaufstände anvertraute, wusste ich, dass daraus ein Film entstehen wird. Aber wer würde hier die Geschichte erzählen? Ein Jahr später kam es zur Co-Autorenschaft. Inzwischen hatte ich auch Milo kennengelernt, die ebenfalls ihrer Lebenssituation trotz grossen Risiken eine Stimme verleihen wollte. Gemeinsam begannen wir der Komplexität und Unsichtbarkeit ihrer Situation ein Gesicht zu geben – mithilfe von Reenactments. Aus all dem entstand schliesslich der Dokumentarfilm Immortals (2024), der die Geschichte zweier aufständischer Teenager in Bagdad/Irak erzählt. Dabei verliess ich die klassische Rolle der Regisseurin und liess mich auf eine partizipative Form des Erzählens ein, die Co-Autorschaft und Reenactments integrierte.

In meinen filmischen Arbeiten habe ich die Beziehung zwischen mir als Filmende und den Gefilmten stets als kreativen, gemeinsamen Raum begriffen und meine Arbeitsweisen dahingehend kontinuierlich weiterentwickelt. Dieses Filmprojekt hat mir neue Horizonte eröffnet und mein Verständnis von Regiearbeit nachhaltig geprägt.

Anhand ausgewählter Filmausschnitte aus Immortals möchte ich darüber nachdenken, wie wir in einer polarisierten Welt Geschichten erzählen können, ohne diese Stimmen zu übergehen – oder sie nur als Material zu betrachten. Denn vielleicht ist die Wahrheit – wie der iranische Filmemacher Jafar Panahi sagt – tatsächlich nicht viel mehr als eine Mischung aus Dokumentation und Fiktion, aus dem, was wir erleben, und dem, was wir daraus machen.

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> Maja Tschumi
> Melak Madhi (Milo)
> IMMORTALS (2024)
Der Film läuft ab dem 15. März in den Schweizer Kinos