Das Experiment – Arbeitsfragmente

Was ihr hier lesen könnt, ist nicht der Anfang sondern ein Ausschnitt aus der Phase in der Herr M. (ehemals monsieur x), der die Brille bekommt, in eine Art Rausch kommt, durch alles was er sieht. Dann folgt ein noch nicht so ausformulierter Teil und dann der Anfang der Phase, wo er beginnt durchzudrehen. In Grossbuchstaben geschrieben sind Anmerkungen an mich selbst, Fragen die beim Schreiben aufgetaucht sind. Ich habe sie hier einfach mal drin gelassen, vielleicht fällt Euch noch was ein… 😉

Leider konnte ich es nicht als PDF hochladen, weil meine Testversion abgelaufen ist und ich kein Abonnement habe… (gibt es andere Möglichkeiten, ich hab das ewigs nicht mehr gemacht?)

Vorläufig einfach hier (entschuldigt bitte!)

 

 

Der Bus war eine Schaukel, die durch einen Farbstrudel trieb, in einem Meer aus Bunt! An den Fenstern floss die Landschaft vorbei, zähflüssig, als wollten sie ihn durch die Scheibe mitziehen, hinein in das Karussell aus Leben. Er wäre gekommen, ganz sicher; existierte die Scheibe überhaupt? Das Draussen war so viel kräftiger, man sah sie kaum, da war nichts mehr dazwischen. Das Grün der Wiesen leuchtete, raste vorbei, lachte. Ein bisschen Gelb auch, Apfelblüten. Häuser in altrosa, schielende Fensterläden, Häuschen, die mit Augen, weit geöffnet, die Gegend anstaunten, Dächer wie Sonnenhüte, gut gebräunt, als wäre es mitten in der schönsten Jahreszeit. Und dieses Blau! Wäre der Himmel ein paar Augen, er hätte sich sofort verliebt, sofort! So frisch und luftig sah es aus, dass man sich hineinwerfen wollte wie in einen Bergsee, das Spritzen hören, die Frische auf der Haut, das kühle Glas der Scheibe. Nächste Haltestelle war der Beginn der Stadt. Er kannte sie ja eigentlich, diese Stadt. Aber empfangen hatte sie ihn noch nie. Die Häuserzeilen begrüssten den Bus in einer offenen Umarmung (/in einer umarmenden Geste). Zurückhaltende Türen, Tannengrün wie der nahe Wald, Seite an Seite lehnten sie, schmiegten sich aneinander, rot an orange an gelb an blassblau an altrosa und ihre Schornsteine rauchten so gemütlich, als erzählten sie eine Gutenachtgeschichte am Morgen.
Als er aufstand, lächelten ihm die Leute zu. Er lächelte selbstverständlich zurück, grüsste, nickte mit dem Kopf. Dies war das Fahrzeug der Höflichkeit in der perfekten Stadt, in der Stadt mit – aber nun musste er aussteigen, beschwingt. Konnte es so einfach sein? Die Türen öffneten sich von alleine, ein älterer Mann sah ihn unverwandt an, begann dann zu grinsen wie ein Junge und schob Falten wie Wellen über sein Gesicht. Fast hätte er sich gefragt, ob er ihn kannte, aber nein, das musste so sein. Eine Gruppe Mädchen drängte sich an ihm vorbei, kichernd und schubsend. Rote Lippen, wilde Gesten, ein Lachen, als wollten sie damit die Luft vor (ihren) strahlend weissen Zähnen färben (/bemalen). Der Himmel, sogar hier, zwischen den Blöcken, den Buslinien, den Ampeln und dem Verkehr, der Himmel war unglaublich! Stahlblau. Ferienblau. Himmelblau eben, so wie das Schlumpf-Eis, das es am Strand manchmal zu kaufen gab, genau so. (und dazu Erdbeereis, fruchtig rot…)EVT ERST SPÄTER WEIL SCHON KKONKRETES INNERES BILD UND IN DIESEM STADION NOCH ZU SEHR BESCHÄFTIGT, UMGEBUNG BILDLICH AUFZUSAUGEN.
Ein kleines Mädchen hüpfte mit roten Schühchen von der Strasse auf den Bordstein und wieder zurück, wieder und wieder und die Schnürsenkel hüpften mit und lachten und das Lachen sprang ihr ins Gesicht, in die Augen, setzte sich in die Grübchen der eifrig roten Wangen, lief davon, bis an die Backsteinwand der Fabrik, fiel herunter und da war tatsächlich eine Blume, die sich an die alten Steine klammerte.
Eine zarte, weisse, lebende Blume.
Hier, wo er jeden Tag wartete!
Er pflückte das Lachen vom Boden auf und schmückte seine Aktentasche damit, die Blume liess er weiterwachsen.

Den Bus mit dem roten Nummernschild liess er passieren, seiner war ganz sauber.
Aus dem Fenster sah man die Fabrikwand. Eine einzige Blume machte eine Mauer in der Stadt zu einem Garten. Das stand einmal auf einem Abreisskalenderblatt, März, wenn er sich recht erinnerte. Aber Erinnerungen hatte er fortgeworfen, vorhin, in diesen tiefen blauen Himmel und der hatte sie geschluckt. Alle.

Die Wände seines Büros: strahlend weiss, beinahe hätte er gefragt, ob sie über Nacht renoviert worden wären. Sie waren wirklich weiss! Makellos, perfekt, blitzblank sauber, also so weiss. Weiss, wie das Lamm Gottes, wie eine ganze Schafherde, wie eine ganze Schafherde vor verschneitem Bergpanorama, wie eine ganze Schafherde vor verschneitem Bergpanorama auf einer verblichenen Postkarte, die Jahrelang in der Sonne gelegen hatte, wie Schäfchenwolken und Wolkenwatte in einer Wunderwelt, die unter diesen weichen Himmel gepasst hätte. Das Fenster rahmte ihn ein wie ein Kunstwerk, ein Bild Rothkos. Ein Altar sein Schreibtisch, die Wände standen ihm zur Seite, der Himmel glänzte über ihm, die Stadt zu seinen Füssen. Was er heute alles dachte! Er schüttelte den Kopf und machte sich an die Arbeit.

Jeden tag. Jeden tag himmel blau, NEUER ALLTAG ABER NOCH GUT, WEIL IM MINI-RAUSCH
Geht aus dem büro, dämmerung alle lichter blinkend, leuchtend, es fängt an, zu schneien
ATMET TIEF EIN, HÖRT DIE GERÄUSCHE (OBWOHL EIGENTLCH GEDÄMPFT SEIN SOLLTEN…

Das Leben sang, auch für ihn sang es nun wieder, wie hatte er je vergessen können, dass das Leben singen konnte! Wie hatte er je vergessen können wollen. Dabei wissen(d), dass er hätte anfangen können zu versuchen aufhören vergessen können zu wollen… ÜBERLADENE, TRIEFENDE SÄTZE MIT VIELEN ADJEKTIVEN UND FETTEN SCHMACHTWORTEN…
Sich mit Worten vollstopfen und nicht genug bekommen, Leben trinken, sich auffüllen wie ein Verdurstender, mit Melodien, mit Frühstückskaffe, mit Düften, mit Morgenlicht, wie hatte er verlernen können. Gesang aufzusaugen. Zuhören aufholen. Mitreden aufholen. Mitleben, Leben einholen, nicht mehr hinterherrennen, nicht mehr mitlaufen gehen. Einfach laufen lassen und alles ging. Mit ihm, nein, es ging nicht, es tanzte! Es brüllte, es grölte! Es schwang! Es schwingte und singte und sang, entlang der Farben, das tat es! Es jodelte, es meckerte wie eine weisse Bergziege, weiss, weiss wie Bürowände. Es lachte! Es rannte! Es lief! Es hüpfte! Und es konnte gar nicht genug bekommen vom Schnee, von der stummen Oper des Schnees, von den stillen Arien. Singen!!!
Alles sang mit, die Lichter der Autos sangen mit, aber es war ja Morgen. Das Rot der Ampel verschwand, es musste sich umziehen, es war nur das, keine Angst und der Zebrastreifen lud zum Tanz. Ein ganzes Orchester war die Stadt, ein weisses, wirbelndes Orchester! Blendend! Hell, glockenrein, lauter Solisten aber alle gleichzeitig. Etwas tönte, aus ihm. Haha.die Häuser drehten sich um ihn, sie tanzten Tango. Er hatte nicht mal etwas getrunken. Dabei wurde er von der Umgebung eingeladen, die ganze Zeit, auf einen drink, zwei, drei. Von seinem Freund, dem Himmelblau. Ein einziger, eisiger Cocktail! Er durfte nur nicht betrunken werden, das durfte er nicht. Da würde er Dinge sagen, die niemand hören sollte, da würde er vielleicht komisch werden, das würde nicht passen, er war ja nun glücklich. So wie alle. Er ging über die Ampel und die Treppen führten zu seinem Büro wie jeden Tag.

Doch die Treppen waren eine Rutschbahn und das Weiss seiner Wände sprach die ganze Zeit zu ihm. Wenn er es ansah sollte es ihn doch in Ruhe lassen, oder?

Es blendete ihn, dieser ganze Schnee. Er war schön, aber er blendete ihn. Und wenn er die Augen zusammenkniff würde er Kopfschmerzen kriegen, das wusste er.

Noch ein Tag, noch ein Himmel. Wurde der Schnee weniger? Kein Papier kam unter dem Schnee hervor, kein Abfall, wo war der ganze Abfall? Das war eine saubere Stadt, eine Perfekte, süsse, kleine. Seine. Er lachte, das Geräusch klang wie Schneebälle. Er lachte noch einmal. Sein eigenes Konzert. Nicht zu sehr zuhören. Er musste…los. Durfte. Arbeiten gehen. In sein Büro, sein kleines Himmelsreich mit dem Bergpanoramagemälde. Die Haufen neben dem Bus, die Inseln auf den Schuhen, das, was im Bus am Boden kleben blieb und schmolz: Es war allerbeste Qualität. Es wurde nicht grau, nie, es wurde nicht schmutzig, darüber konnte man sich freuen und das Kind mit den roten Schuhen sang.
Aber es durfte nicht schmelzen, denn es war schön und wenn es schmolz roch es nicht mehr so nach Pommes frites und Ketchup und Ferien, immer wenn man am Restaurant vorbeikam. Es war da, es verdeckte den Asphalt und es war der beste Freund des Zebrastreifens, das wusste er. Die Leute lächelten, der Bus sang mit dem Mädchen mit, er sollte auch mal rote Schuhe anziehen.

Die Häuser, gemütlich zusammen. Altrosa war eine Farbe für alte Leute, er versuchte zu lachen, aber es ging nicht. Also sang er halt! Zum Glück konnte er singen! Er sollte mal mit seiner Frau singen, gemeinsam, er sollte mal mit seiner Frau Schuhe kaufen. Rote.

Die Blume bei der Fabrik kam wieder aus dem Schnee. Sie reckte den Kopf und lächelte. Sie war blütenweiss. Sie war weisser als der Schnee um sie herum, denn der Schnee war verschwunden. Das macht halt Schnee, er schmilzt.

SÄTZE WERDEN HIER EHER KÜRZER, WEIL ERNÜCHTERT -> FUNKTIONIERT DAS AUCH SO? IST WAHNSINN EHER LANGE ÜBERLADENE SÄTZE ODER KURZE, ZUSAMMENHANGLOSE (SICH REINSTEIGERN…)? ODER EIN EWIGER…???

4 Gedanken zu „Das Experiment – Arbeitsfragmente“

  1. Hey Sophie 🙂

    Ich habe meine Eindrücke zu deinem Text aufgeschrieben.

    Die Bilder, Farben und Eindrücke, die du uns gibst sind sehr fröhlich und strahlen vor Buntheit. Dein Text überrennt mit knallbunten Süssigkeiten (bis es einem schlecht wird). Dein Rhythmus ist anfangs hoch. Die Eindrücke stürzen auf den Leser am Anfang ein. Auch auf die Person x wahrscheinlich. Wie ich vermute, du bist bei der rosaroten Weltsicht angekommen.
    Es geht immer weiter und wird auch wieder ein bisschen übersichtlicher (vielleicht hat sich x schon ein wenig an die Brille gewöhnt? Und kann klarer denken?).

    Dein Text ist ja riesig und da scheint noch mehr zu kommen. Ich denke, schreib einfach weiter. Du bist auf einem guten Weg. Wie lang möchtest du deinen Text werden lassen? Machst du die ganze Geschichte? Oder für diese Woche einfach eine Passage?

  2. Also… daaas ist ein Kommentar nach dem ich den Text ein Mal gelesen habe 🙂 Heißt nach dem zweiten Mal kommt vielleicht was ganz anderes.
    Gefällt mir gut der Text. Bin gespannt wie du das kippen willst – soll alles immer absurder werden, verzerrter? Und deswegen hält er es nicht mehr aus? Soll es so bleiben? Oder bricht die hässlichlichkeit/das schlechte/Unangenehme immer wieder durch, so als würde diese aus ihm selbst herausbrechen (ergo: der Mensch braucht auch diese Seite)? Ich will nicht sagen das eines davon das Beste wäre, sondern das sind nur Gedankenfetzen die mir gekommen sind.
    Wobei mir beim lesen was lustiges passiert ist; die Notizen in Blockbuchstaben geschrieben sind, sind wie ich es verstanden habe (und ich hoffe ich sage jetzt nichts falsches 😀 ) Notizen/Ergänzungen was da noch hinkommen soll. Jedoch dachte ich am Anfang das es zum Text gehört und das könnte sogar funktionieren – durch diese „Notizen“ könntest du das vermitteln das diese Perfect-Cyber-Projektions-Welt langsam kippt, nicht mehr funktioniert. Du schreibst was da sein SOLLTE, aber gar nicht wirklich stattfindet. Ich hoffe ich habe mich verständlich gemacht…
    Dann gab es eine Stelle wo es heißt das die Brille ihn alle Erinnerungen vergessen ließ (1). Später gibt es eine Stelle wo du geschrieben hast, wo er sich fragt wie er all das vergessen konnte (2) – ist das Absicht? Wenn ich mich nicht täusche ist das eine personale Erzählweise, deshalb habe ich darüber nachgedacht, ob er bei (2) schon wieder vergessen hat, dass er zuvor gedacht hat das die Brille ihn zum vergessen brachte. Soll das darauf hindeuten das die Brille einen vergessen lässt? Ich hoffe auch das war einigermaßen verständlich :)…..

  3. MIr ist noch was eingefallen.
    Kennst du David Foster Wallace? Wenn ja gibt es eine Kurzgeschichte von ihm, in der er mit dem Element spielt, das er seine geschichte aufbricht, indem er seinen Schreibstil ändert (das was ich mit dem Kommentieren meine). Wenn es dich interessiert und du da noch nicht kennst, such ich dir die gerne raus.
    So wie so, ein Autor den ich von ganzem Herzen empfehlen kann!

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