Jahr: 2019

Die Kinamo und der Dokumentarfilm

Die Ästhetik der Filme von Dziga Vertov, Joris Ivens, Jean Vigo, Laszlo Moholy-Nagy oder Henri Storck, um nur einige zu nennen, prägen den Dokumentarfilm bis heute. Ganz entscheidend für die Arbeit dieser Filmemacher war die Erfindung der Kinamo-Kamera durch Emanuel Goldberg. Mit dieser wurde es möglich, ästhetische Strategien und Experimente der Neuen Sachlichkeit sowie des Neuen Sehens auch in den Film zu übertragen, im Dokumentarfilm anzuwenden. Die Kinamo-Kamera war weder die erste noch die einzige Handkamera, die in den 1920er Jahren auf den Markt kam. Sie weist jedoch Besonderheiten auf, die den Dokumentarfilmer*innen erlaubte, eine Ästhetik zu entwickeln, die bis heute das filmische Schaffen bestimmt, das – wie es Brian Winston einmal zusammengefasst hat – gleichzeitig von einer Nähe zum Geschehen geprägt ist, ein Verständnis für den Ort und das Geschehen vermittelt, und eine ästhetische Abstraktion der Wirklichkeit zulässt, die zu einer Intensität der Beobachtung führt.

> Kerstin Stutterheim 


 

MIRJAM VON ARX

Mirjam von Arx arbeitet 18 Jahre als Redaktorin und Freelancerin für diverse deutschsprachige Magazine. 1991 produziert sie gemeinsam mit Polo Hofer das Roadmovie Bluesiana. 2002 gründet sie die Produktionsfirma ican films gmbh und im Jahr darauf kommt mit Abxang ihr erster Dokumentarfilm ins Kino. 2005 folgt Building the Gherkin. Der Dokumentarfilm Seed Warriors kommt im Sommer 2010 in die Schweizer Kinos und wird 2011 für einen Internationalen Green Film Award der Cinema for Peace Gala in Berlin nominiert. Ihr nächster Film VIRGIN TALES feiert im Frühjahr 2012 Kinopremiere, wird anlässlich des 2012 Starz Denver Film Festival für den Maysles Brothers Award nominiert und wird mit dem Zürcher Filmpreis 2012 ausgezeichnet. Als Produzentin hat sie mit Thomas Haemmerli seine beiden Filme Sieben Mulden und eine Leiche, sowie Die Gentrifizierung bin ich. Beichte eines Finsterlings von realisiert. Als Autorenproduzentin dreht sie zur Zeit ihren nächsten Kinofilm DAS EINZIGE, WAS WIR ZU FÜRCHTEN HABEN, IST DIE FURCHT SELBST, das Gewinnerprojekt des 7. CH-Dokfilm-Wettbewerbs von Migros-Kulturprozent.

> An der Tagung ZDOK.19 diskutiert Mirjam von Arx gemeinsam mit Kristen Johnson über die Kameraarbeit bei Cameraperson und Virgin Tales.

Filmografie:

  • 2003 Abxsang (Regie und Produktion)
  • 2005 Building the Gherkin (Regie und Produktion)
  • 2007 Sieben Mulden und eine Leiche (Produktion)
  • 2009 Seed Warriors (Regie und Produktion)
  • 2012 Virgin Tales (Regie und Produktion)
  • 2015 Als die Sonne vom Himmel fiel (Produktion)
  • 2017 Die Gentrifizierung bin ich – Beichte eines Finsterlings (Produktion)
  • 2019 Das einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst (Regie und Produktion)

Luc Schaedler

Luc Schaedler studierte Ethnologie, Filmwissenschaft und Geschichte an der Universität Zürich und schloss sein Studium mit zwei visuellen Arbeiten ab: Made in Hong Kong (Lizentiat, 1997) und Angry Monk (Ph.D., 2005). Seit 1998 ist er freischaffender Filmemacher und Produzent und übernimmt regelmässige Lehraufträge an der Universität Zürich auf den Gebieten Dokumentarfilm, Ethnologie und Buddhismus. Luc Schaedler hat von 1986 bis 2002 als Programmkoordinator für das Kino Xenix gearbeitet und war massgeblich an der Gründung des Kinderfilmklubs Zauberlaterne sowie dem ethnografischen Filmfestival regard bleu beteiligt. Von 2006 bis 2008 war Schaedler zudem Leiter der Abteilung Visuelle Anthropologie am Völkerkundemuseum der Universität Zürich.

> An der Tagung ZDOK.19 diskutiert Luc Schaedler mit Alexander Nanau über die Personalunion von Kamera & Regie.

Filmografie

  • 2018 A Long Way Home (Regie: Luc Schaedler, Kamera: Luc Schaedler, Aiguo Liu)
  • 2013 Watermarks (Regie & Kamera: Luc Schaedler)
  • 2005 Angry Monk (Regie: Luc Schaedler, Kamera: Filip Zumbrunn)
  • 1997 Made in Hong Kong (Regie & Kamera: Luc Schaedler)

 

 

KERSTIN STUTTERHEIM

Dr. Kerstin Stutterheim studierte Theaterwissenschaft und kulturelle Kommunikation in Leipzig und Berlin. Sie promovierte an der Humboldt-Universität in Berlin zum Thema «Okkulte Hintergründe in dokumentarischen Filmen des dritten Reiches». Ab 1992 arbeitete sie unter anderem als Medienwissenschaftlerin, Editorin und freie Filmemacherin. Von 2006 bis 2015 war Stutterheim Professorin für Dramaturgie und Ästhetik der audio-visuellen Medien an der Hochschule für Film und Fernsehen, jetzt Filmuniversität Konrad Wolf in Babelsberg tätig.

Seit 2015 ist Kerstin Stutterheim Professorin an der Bournemouth University (UK) im Bereich Media and Cultural Studies, wo sie zudem das Zentrum für Film & TV Forschung leitet.

> Beitrag an der ZDOK-Tagung: Die Kinamo und der Dokumentarfilm

Filmografie:

  • 1992/93 Die Wäscherei
  • 1995 Politische Landschaft
  • 1998/2009 bauhaus – Modell und Mythos
  • 2009 Fliegen und Engel. Ilya & Emilia Kabakov und die Kunst der «totalen» Installation
  • 2017 Die Goldberg-Bedingung. Mehr sehen als man sehen kann.

Publikationen:

  • 2000 Okkulte Weltvorstellungen in dokumentarischen Film des «Dritten Reiches»
  • 2011 Handbuch der Filmdramaturgie. Das Bauchgefühl uns seine Ursachen
  • 2015 Handbuch angewandter Dramaturgie – Vom Geheimnis des filmischen Erzählens im Film
  • 2017 Game of Thrones sehen – Dramaturgie einer TV-Serie
  • 2019 Modern Film Dramaturgy. An Introduction.

ALEXANDER NANAU

Alexander Nanau ist in Rumänien aufgewachsen. Ursprünglich einer deutschen Minderheit in Rumänien angehörig, wanderte die Familie 1990 nach Deutschland aus. Nanau studierte Regie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. Seinen erster Dokumentarfilm Peter Zadek inszeniert «Peer Gynt», über die Proben zum gleichnamigen Theaterstück Peer Gynt des bekannten norwegischen Dichters Henrik Ibsen, wurde 2005 veröffentlicht. Mit seinem zweiten Film, Lumea vãzutã de Ion B., in Koproduktion mit HBO Europe, gewann Nanau unter anderem den International Emmy Award. Auch das dritte Werk, Toto und seine Schwestern, wurde von der Kritik hochgelobt und gewann mehrere, internationale Festivalpreise.
Beim französischen Dokumentarfilm Nothingwood, der in Afghanistan gedreht wurde und 2017 in der Quinzaine Des Realisateurs in Cannes Premiere feierte, führte Nanau die Kamera.

> Beitrag an der Tagung ZDOK.19: Mit der Kameralinse Beziehungen schaffen

Filmografie:

  • 2005 Peter Zadek inszeniert Peer Gynt (Regie und Kamera)
  • 2009 Lumea vãzutã de Ion B. (The World According to Ion B.) (Regie und Kamera)
  • 2014 Toto und seine Schwestern (Regie und Kamera)
  • 2017 Nothingwood (Kamera)