Erkenntnismethoden im Design

Ich zitiere aus Bürdek – Design: Geschichte, Theorie und Praxis der Produktgestaltung, Seite 227

Die kursiven Unterbrechungen sind meine Gedanken während dem lesen.

Erkenntnismethode im Design

In der Entwicklung von Methologie und Theorie des Designs kommt den Geisteswissenschaften eine Besondere Rolle zu.

Wieso?

Die konstante Sinnkrise der Disziplin macht ein vermehrtes Bedürfnis nach Theorie und Reflexion – also nach Philosophie – spürbar.

Aha, deshalb.
Tatsächlich? Theorie scheint mir nicht das beliebteste Fach von Designern zu sein. Reflexion schon eher. Und ich glaube  Reflexion ist ohne Theorie nur kurzfristig von Nutzen. Die persönliche Reflexion sollte und lässt sich in die Designgeschichte und -theorie einbetten. 

Deshalb soll der Frage nachgegangen werden, welche designtheoretischen oder designmethodologischen Aspekte ihre Ursprünge in der europäischen Philosophie haben.

Deshalb lesen wir also philosophische und nicht praxisorientierte Texte. Wenn man bedenkt, dass die Sinnkrise in Designerkreisen immer noch anhält (so erlebe ich es zumindest), scheint es mir logisch sich nicht nur mit direkt designbezogenen Fragen zu beschäftigen, sondern sich auch mit der Philosophie zu befassen. Sie verweist indirekt auch auf das Design, weil die Philosophie uns soziohistorische und soziale Aspekte aufzeigt, welche unsere Gesellschaft zu dem machten und machen was sie heute ist. Das Ziel der Philosophie ist zu erkennen, wieso wir heute so denken wie wir denken. Und als Industrie Designer tut man gut daran, zu wissen was unsere heutige Gesellschaft, für die wir designen ausmacht. Es wäre fatal den heutigen Zustand als statisch zu betrachten und ihn nicht in die dynamische Entstehungsgeschichte unseres Gedankenguts einzubetten.

Vitra. Du machst mich kirre.

Vitra, ein komisches Konstrukt, wenn ich einfach mal meine subjektive Wahrnehmung verbalisierend nach aussen stülpe. Fast alles was ich da gehört und gesehen hab‘ hinterliess bei mir einen komischen, faden Nachgeschmack. Das ganze Projekt kommt mir vor wie ein Kaugummi auf dem man zu lange rumgekaut hat. Jacob hat dadrauf erwidert wie viele krasse Architekten, z.B. Gehry und Hadid, beim Vitra Projekt involviert sind. Meiner Meinung nach stützt das allerdings nur meine These. Denn bei Vitra ging und geht es vor allem ums Möbeldesign. Das man da versucht namenhafte Architekten zu gewinnen verstärkt nur meinen Eindruck, dass Vitra von seiner Vergangenheit lebt und versucht diese krampfhaft auszuschlachten und am Leben zu behalten, wie einen Toten den man immer und immer wieder versucht wieder zu beleben. Da dient vor allem auch Marketing als Defillbrator und natürlich die sektenanmutende Fröhlichkeit der Angestellten. Die Frau die uns durch den Herstellungsprozess begleitet hat, kam mir ein bisschen so vor als hätte sie eine kleine Gehirnwäsche bekommen. Vitra ihre einzige, heisse und innige Liebe. Nachdem ihre verbale Gefühlsexplosion abgeklungen war und sie uns versichert hatte, dass alle Materialien für den Aluminium-Chair aus den umliegenden Ländern kämen, fragte ich sie von wo denn das Aluminium stamme. Sie wusste es nicht, sagte sie könnte ja nicht alles wissen und fragte stattdessen einen der Monteure. Als dieser Ungarn als Antwort erwiderte, war sie für einen kurzen Moment geschockt und verblüfft zugleich und verlor ein wenig die Fassung. Das Wort Ungarn passte glaube ich irgendwie nicht ganz zu ihren Frühlingsgefühlen und der ihr vermittelten Firmenphilosophie. Später passierte gleich nochmal so etwas ähnliches, als die HR-Leiterin uns erklärte, dass Vitra natürlich auch nicht perfekt sei und ihr Aussage dann aber nach kurzem Nachhaken von einem von uns gleich wieder revidierte. Ich weiss, das alles ist deren Job und das Zeug hat haben sie auswendig gelernt aber genau das meine ich. Es kam mir vor als müsste sie 1000 Gründe zusammenkratzen, um den horrenden Preis für die sogenannten Designklassiker rechtfertigen zu können. Und wie sie gleichzeitig von Charles und Ray Eames schwärmten, als wären sie Unsterbliche. Hätte mich nicht gewundert hätten sie uns noch zum Eames-Schrein geführt und eine Designerkerze angezündet. Ja, zugegeben, etwas zynisch aber es stinkt mir, dieses Idealisieren von Designer und die Vermarktung von angeblichen Klassikern. Dabei will ich nicht bestreiten, dass es erfolgreiche Designer gibt, sondern anprangern was aus erfolgreichen Designern gemacht wird und wie man versucht jemanden zu einem erfolgreichen Designer zu machen. Da kommt mir der Vegetal Stuhl von den Bouroullecs in den Sinn. Und wieder, es geht mir nicht darum, dass Design zu kritisieren, sondern ich frage mich: Wäre dieser Stuhl jemals bekannt geworden und Gestalter so erfolgreich, ohne das Marketing von Vitra und ist es berechtigt, dass der Vierbeiner in jedem schweizer Vorzeigeausstellungsbüro (z.B. dem „Haus der Zukunft“) zu sehen ist und als bereits etablierter Klassiker unserer Zeit vermarktet wird, ohne das er sich je beweisen musste?

Vitra kommt mir vor wie ein Kind von reichen Eltern, es lebt vom Erbe und man fragt sich, für wie viele Monate es noch reicht.

Und ja, ich befinde mich in einem ziemlichen Klinsch, was meine Aufgabe für den Zeitstrahl betrifft. Welche Namen sollten da drauf stehen und unser Bild von erfolgreichen Designern prägen? Die einflussreichsten? Die besten? Sind das die gleichen wie die hochgelobten und erfolgreichen? Oder sind das alles nur Halme an die wir uns klammern, um die Vergangenheit zu ordnen und ihr eine Form und uns Halt zu geben? Oder vielleicht auch nur noch Namen für die Marketingabteilung um den Umsatz zu sichern?

 

Vitra

Letzten Mittwoch besuchten wir das Vitra Museum in Weil am Rhein. Wegen dem guten Ruf der Firma hatten wir alle grosse Erwartungen an den Besuch, doch leider wurden wir ein wenig enttäuscht. Die Führung durch die Produktion war erstaunlich knapp gestaltet, es entstand ein bisschen das Gefühl, dass man uns einiges nicht zeigen will. Glücklicherweise konnten wir auch noch die Human Resource Managerin und einen Ingenieur der Firma treffen. Es war interessant zu hören was die beiden beruflich tun, es gab einen interessanten Einblick in die Geschichte von Vitra, jedoch nicht mehr als man auf Wikipedia lesen könnte. Mit der Frage nach der Haltung der Firma zum Thema Nachhaltigkeit konfrontiert, reagierte unsere Kontaktperson sehr überrascht und betonte, dass dies ein wichtiges Thema sei, sie jedoch leider nichts dazu sagen könne.

Wie bitte?

Dass diese Erinnerungen, ausser einem Poster mit 224 Stühlen drauf, alles sind, was ich aus Weil am Rhein mitnehmen konnte, finde ich schade. Die Stühle von Vitra sind sehr schön und von guter Qualität, aber heute gibt es ein wenig mehr Anforderungen an ein gutes Produkt. Ich hoffe, dass Vitra diesen Zug noch erwischt, wär ja schade um die schönen Stühle.