Die Ausbildung Industrial Design

Im Verlauf des zweiten Semesters habe ich mein Thema etwas modifizieren müssen. Dies liegt vor allem daran, dass ich das erste Semester zum grössten Teil furchtbar fand und daraus der Wunsch entstand eine Kritik über unseren Studiengang zu schreiben.

Während des ersten Semesters mussten viele Projekte realisiert werden, welche überhaupt nicht meinen Vorstellungen vom Studium entsprachen. Ich will definitiv kein Haushaltgeschirr entwerfen, geschweige denn einen sinnlosen Stiftehalter, welcher nur drei Stifte beinhalten darf. Die mangelnde Relevanz solcher Objekte nagte an mir ebenso wie das stundenlange Schleifen in der Werkstatt. Während des ersten Semesters waren wir sowieso fast ausschliesslich in der Werkstatt, wodurch ich als Fan von digitalem und zeichnerischen Arbeiten fast nicht auf meine Kosten kam. Die kaum vorhandene Wissensvermittlung bei den Projekten machte den Zustand auch nicht besser. Ebenso begann ich die wirtschaftliche Relevanz des Studiums anzuzweifeln, da mir bewusst war, dass  ich nach dem Studium wohl kaum Zugriff zu einer Werkstatt haben werde und die Zukunft dieses Berufes im digitalen Bereich liegt.

Das zweite Semester hingegen erwies sich für mich als das Gegenteil vom ersten. Die Wissensvermittlung stand plötzlich eher im Vordergrund (Sketching, Solidworks, 3D Rendering) und die Projekte waren viel wirtschaftlicher aufgegleist. Und da hatte ich dann endlich Freude am Studium, was sich auch in meinen Bewertungen widerspiegelte. Die anfängliche Frustration und damit auch die ursprüngliche Motivation für den Essay ist für mich nicht mehr vorhanden.

Doch worum geht es nun in meinem Essay? Ich habe beschlossen mich in meinem Essay den Aufgaben und der Zukunft der Ausbildung zu widmen. Insbesondere Bürdeks Werke haben mich dazu inspiriert mich diesem Thema zu widmen. Ich freue mich schon auf das Weiterschreiben.

 

Vilém Flusser (1920-1991)

Vilém Flusser ist für mich definitiv einer der besten Autoren für DesignerInnen. Er verfasste Texte, welche für uns Industrial Designer durchaus das Potenzial besitzen Standardwerke zu sein/werden.

Bei der Rede „Vom Wort Design“ beeindruckte er mich mit seiner Schlussfolgerung, dass Kunst und Technik etymologisch die gleiche Herkunft haben und der Begriff Design später die Brücke zwischen den beiden gespaltenen Disziplinen bildete. Besonders interessant war seine These, dass Mensch-sein ein Design gegen die Natur darstellt. Wir haben diesen Text zwar am Anfang des Studiums gelesen, vergessen habe ich ihn auch ein Jahr später nicht.

Multitasking funktioniert bei mir nicht

Wenn ich eines gelernt habe gegen Ende des Semesters, so ist es die Tatsache, dass ich nicht an einem Designprojekt arbeiten kann UND parallel dazu einen Essay verfassen. Meine Gedanken sind während eines Entwurfsprozesses nur auf diesen fokussiert – der Versuch mich auf etwas Anderes zu konzentrieren scheiterte jedes mal. Aufgrund dessen bin ich froh über den neuen Abgabetermin für den Text, da ich meine Aufmerksamkeit nun ungeteilt dem Schreiben widmen kann. Wäre der vorige Abgabetermin gültig geblieben, so hätte ich wohl einfach meine Notizen von der Recherche genommen und irgendwelche stümperhaften Sätze dazu formuliert. Nun habe ich doch noch die Gelegenheit etwas Brauchbares niederzuschreiben.

Das Ende meiner Recherche

Nach ausgiebigem Lesen diverser Lektüren konnte ich mich nun entscheiden, wie ich mein gewähltes Thema eingrenze: Der Fokus soll auf der Frage beruhen, was im (Industrial) Design Departement gelehrt werden sollte und wie die Zukunft des Berufsbildes aussehen könnte.

Tatsächlich hatte Bürdek während seiner Design-Ausbildung die gleichen Gedanken wie ich (1969): „Der Designer sieht aufgrund seiner bislang unzureichenden Ausbildung überhaupt keine Möglichkeit, essentielle interdisziplinäre Aufgaben komplexen Charakters zu lösen.“ (1)

Seit damals hat sich nicht viel an Bürdeks Kritik zu diesem Thema geändert (2015): „Gleichwohl leidet das Design erheblich darunter, dass es seine eigenen Leistungen maßlos überschätzt. […] Und dies bei der gleichzeitigen Unterentwicklung eines eigenen Kanon des Wissens.“ (2)

Auch hier muss ich Bürdek zustimmen. Dennoch glaube ich potenzielle Lösungen gefunden zu haben. Mehr dazu in meinem Essay.

Quellen:

(1) Bernhardt E. Bürdek, Obszoleszenz, Aufstieg und Fall des Industrial Design, veröffentlicht im Form-forum, 1969

(2) Bernhardt E. Bürdek, Design, Geschichte, Theorie und Praxis der Produktgestaltung, S.259, 2015

Design als „Weltverbesserungsdisziplin“

„[Es gibt] mannigfaltige Versuche, nicht zuletzt an den Designschulen, Design als ‚Weltverbesserungsdisziplin‘ zu verstehen. Dies beruhigt zwar ungemein das Gewissen der Akteure, verändert aber an den technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen Design praktiziert wird, kaum etwas.“

Quelle: Bernhardt E. Bürdek, Design, Geschichte, Theorie und Praxis der Produktgestaltung, S.14, 2015

Maximale Prokrastination

An diesem langen Wochenende wollte ich so viel erledigen: Bloggen, anfangen den Rohtext zu verfassen, Tutorials ansehen, Rendern, Zeichnen etc.

Stattdessen habe ich meine Familie besucht, Rösti gemacht und schlürfe nun mein zweites Glas Rotwein. Parallel dazu kontrolliere ich in akribischen Zeitabständen, wie mein erstes Youtube-Video über mein Kunstprojekt so ankommt:

Immerhin habe ich nun einen Blogeintrag geschrieben, auch wenn dieser nur von meinen Prokrastinationsverhalten handelt. Wahrscheinlich geht es mir in der ZHdK gerade zu gut um ihr gegenüber kritisch zu sein. Aber ich mache mir keine Sorgen, das nächste Tief kommt bestimmt und dann schreiben sich diese Texte wieder wie von selbst.

Wir werden für Emmi Abfall designen

Am Ende dieses Semesters findet unser Modul über Produkte aus Kunststoff statt. Generell ist das für mich persönlich bereits ein kritisches Modul, da ich keinen Kunststoff kenne, dessen Einsatz ich für ökologisch sinnvoll halte. Mit der Bekanntmachung, dass es sich bei dem Produkt um eine Verpackung handeln wird, wurde mein Gewissenskonflikt noch verschärft. Eigentlich dachte ich, das wäre schon an der Grenze der Zumutbarkeit, jedoch kann man diesen Umständen tatsächlich noch die Krone aufsetzen: Die Verpackung soll für die Firma Emmi gestaltet werden.

Schon allein aus wirtschaftlicher Sicht halte ich Emmi für einen fragwürdigen Konzern: Im Jahr 2012 wurde Emmi mit 41 Millionen Franken Steuergeldern vom Staat subventioniert (1). Der Betrieb erwirtschaftete noch im gleichen Jahr einen Reingewinn von 146,3 Millionen Franken (2).

Des Weiteren ist mir der Betrieb negativ aufgefallen bezüglich der vertriebenen Produkte: Jahr für Jahr fällt ihnen eine Idee für eine noch dümmere Kollektion ein. Aktuell wird besonders intensiv diese „Energy Milk“ beworben, mit Leitsätzen wie: „Gib‘ dir volle 26g Protein-Power und Vitamine bei purem Geschmack. Die Emmi-Energy-Milk High Protein – low carb, no added sugar.“

Quelle: http://www.emmi-energy-milk.ch/produkte/
abgerufen am 05.04.2017

Man bedenke, dass keine exakte Definition für den Term „High Protein“ existiert, aufgrund dessen ist dies eine leere Marketing-Worthülse. Nun könnte man sich fragen, ob das Getränk denn wenigstens gesund ist. Bei genauerer Betrachtung der Zutatenliste kommt man aber zum gegenteiligen Schluss:

Teilentrahmte Schweizer Milch, 8% Erdbeersaft aus Konzentrat, Milchprotein, Stabilisator E339, Aromen, Farbstoff Karmin, Süssungsmittel (Cyclamat, Acesulfam-K), Verdickungsmittel Carrageen, Vitamine E, B6, B2, B1, D.

Cyclamat ist ein Süssungmittel, welches im Verdacht steht Krebs zu erregen. In den USA ist der Einsatz dieses Stoffes seit 1970 verboten.

Bei Karmin handelt es sich um getrocknete Schildläuse. Für ein Kilogramm dieses Farbstoffes werden über 100.000 Schildläuse benötigt. Die hübsche rote Farbe dieses Getränks ist demnach das Resultat von tausenden toten Läusen.

Die Stoffe, welche der Nummer E339 zugeordnet werden stehen im Verdacht, Hyperaktivität, allergische Reaktionen und Osteoporose auszulösen.

Nun lässt sich schlussfolgern, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu genötigt werden eine verführerische Verpackung zu entwerfen, welche den KonsumentInnen gesundheitliche Vorteile vortäuscht und nach wenigen Minuten des Gebrauchs vermutlich in einem konventionellen Mülleimer landet. Und all das für ein Unternehmen, welches steuerlich subventioniert wird bei gleichzeitigem Millionengewinn. Und die problematischen Bedingungen bezüglich der Intensivtierhaltung und Klimaerwärmung wurden in diesem Text noch nicht einmal angesprochen.

Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass der Eintrag im Vorlesungsverzeichnis fehlerhaft ist. Darf man auch streiken? Oder ein Veto einlegen? Ist das Nachhaltigkeitskonzept der ZHdK derart situationselastisch?

 

(1)
http://www.beobachter.ch/justiz-behoerde/gesetze-recht/artikel/subventionen_staatsgeheimnis-kaese/
abgerufen am 05.04.2017

(2)
http://www.handelszeitung.ch/unternehmen/emmi-steigert-umsatz-und-gewinn
abgerufen am 05.04.2017

 

Sind wir nach dem Studium arbeitslos?

In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass einige unter uns ausgesprochen desillusioniert sind bezüglich unseres Studiums. Viele sehen für sich keine Zukunft als IndustriedesignerIn, unter anderem da die Anzahl der Arbeitsplätze in der Schweiz sehr beschränkt ist für diese Sparte. Von unseren DozentInnen wurde diesbezüglich bisher auch nicht wirklich Optimismus verbreitet, sie zeigen uns keine alternativen Wege für das Leben nach dem Studium. Doch wenn man Industriedesign studiert heisst das nicht zwangsläufig, dass man auch IndustriedesignerIn werden muss. Während meines Berufsalltags habe ich schon eine Vielzahl von Elektroingenieuren kennengelernt, die eben NICHT als Elektroingenieur tätig waren, sondern als Manager, System Engineer, Verkäufer von Elektrokomponenten, Test Engineer, CEO, Patentingenieur und vieles mehr. Das gleiche gilt für Industrial Design. Es gibt eine Vielzahl von Berufen, die optimal für die Fähigkeiten, die wir hier erlernen, passend sind. Hier wären einige Beispiele angeführt:

Technische/r RedaktorIn:
Wer sehr gute Sprachkenntnisse in Englisch und Deutsch vorweisen kann, hat sehr gute Chancen nach dem Studium in diesen Beruf einzusteigen. Warum? Es ist eine gesuchte Fähigkeit neben Text auch die passenden technischen Illustrationen zu entwerfen wie etwa Explosionszeichnungen. Wir sehen die Produkte aus der Sicht des Users und schreiben daher mit hoher Wahrscheinlichkeit bessere Manuals als die EntwicklerInnen selbst.

Im Bereich Konstruktion:
Vor kurzem habe ich eine Stellenausschreibung gesehen, in der ein Konstrukteur ODER ein Industriedesigner (m/w) gesucht war. Unsere 3D CAD Skills sind nach dem Studium so gut, dass man auch gute Chancen in diesem Berufsfeld hat. Eine Firma kann durchaus Interesse an einer Person haben, welche konstruieren und professionell designen kann, vor allem wenn sich ein/e 100% Inhouse DesignerIn nicht für sie lohnt, da sie zu wenig neue Projekte haben.

ManagerIn oder ProjektleiterIn:
Die Fähigkeit Ideen der MitarbeiterInnen oder KundInnen innert kürzester Zeit auf Papier zu bringen ist ein sehr guter Skill für diese Tätigkeiten. Eventuell ist eine Weiterbildung im Bereich Management notwendig, aber dafür gibt es schliesslich MBAs.

Selbstständigkeit/CEO/Start Up Co-Founder:
Wenn es keine Arbeitsplätze für IndustriedesignerInnen gibt, dann kann man sie immer noch selbst kreieren. Der Weg der Selbstständigkeit ist für jede/n von uns offen. Man könnte sich auch einer Start Up Unternehmensgründung anschliessen oder gar selbst initiieren. Auch hier sind unsere Fähigkeiten definitiv gefragt.

Des Weiteren kann man auch als IllustratorIn, GrafikerIn, 3D Visualizer, DozentIn, UI DesignerIn oder in einen anderen Design Beruf tätig sein. Als Designer zählen schlussendlich nicht die Noten oder der Abschluss an Hochschule XY, sondern das Portfolio. Daher ist auch der Quereinstieg in andere Designbereiche durchaus denkbar, man muss lediglich die notwendigen Skills im Portfolio unter Beweis stellen.

Wir studieren Design (mit der Vertiefung Industrial Design). Wenn man uns das an der ZHdK auch entsprechend vermitteln würde, dann wären viele Existenzängste wohl gar nicht erst aufgekommen. Ich überlege eine Kritik über das Industrial Design Department an der ZHdK zu schreiben, da ich den Unmut von vielen meiner StudienkollegInnen wahrgenommen habe und diesen gerne schriftlich festhalten würde. Die Unzufriedenheit ist sehr breit gefächert und betrifft unter anderem das Feedback/die Bewertung, den Mangel an Nachhaltigkeit, mangelndes Vertrauen in die Wirtschaftlichkeit des Studiengangs und vieles mehr. Es geht darum Antworten für Fragen zu finden:
Was sollte im Industrial Design Department gelehrt werden?
Wie sieht das „perfekte“ Industrial Design Studium aus?
Welche Schritte sind notwendig um den Studiengang zu optimieren?

Papaneks Pauschalisierungen

„Die Menschen scheinen das Ausgeschmückte dem Einfachen vorzuziehen, so wie sie das Tagträumen dem Denken und den Mystizismus dem Rationalismus vorziehen. Sie suchen Massenvergnügungen und mögen vielbefahrene Straßen lieber als Einsamkeit und stille Wege Menschenmengen und dichtes Gewimmel scheint ihnen ein Gefühl von Sicherheit zu geben“
(Papanek, Viktor. 2000 (1984/1972). Design for the Real World. Chicago. p. 25)

Papaneks Tendenzen zu Verallgemeinerungen vermindern leider meiner Meinung nach die Qualität des Textes. Auch wenn ich seine Wut durchaus nachvollziehen kann: Es gibt einfach Momente im Leben, da verliert man den Glauben an die Menschheit. Z.B. findet gerade ein Fasnachtsumzug vor meiner Haustüre statt und als wäre diese (subjektiv betrachtete) Kakophonie nicht schon genug musste auch noch ein Wurstverkäufer direkt vor meinem Hauseingang parkieren mit dem kreativen Spruch „VEGAN ISCH EUS WURSCHT“ auf dem Verkaufswagen inklusive Plastikspanferkel. Diese glorifizierende zur Schaustellung der eigenen Dummheit wird noch von der Ignoranz gekrönt, dass diese Person seinen eigenen Kindern dieses Verhalten als Normalität verkauft. Genau so gut könnte auf dem Wagen stehen: „DIE ZUKUNFT MEINER KINDER IST MIR WURSCHT“. Entweder diese Person leugnet den Zusammenhang zwischen CO2-Emission (Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu einem Drittel der Emission auf Massentierhaltung zurückzuführen sind) und der durschnittlichen Temperatur auf dem Planeten oder sie ist einfach geistig zu beschränkt um diese banale Korrelation zu verstehen.

Nun könnte ich dazu geneigt sein alle Omnivoren in eine Schublade zu stecken, aber mir ist bewusst, dass es auch sehr reflektierte FleischesserInnen gibt, denen es nicht egal ist, woher ihr Fleisch kommt und die auch nicht jeden Tag drei mal Fleisch konsumieren müssen. Man muss einfach einen Moment innehalten bevor man Verallgemeinerungen niederschreibt. Genau das hätte Papanek auch tun sollen. Ich persönlich bevorzuge nämlich auch Einsamkeit und Stille gegenüber dem Stadtgetummel und ebenso liegen mir rationale Argumente näher als postfaktische.

Papanek hätte auch seine Aussage relativieren könne indem er seine Formulierung angepasst hätte: „Die meisten Menschen scheinen das Ausgeschmückte dem Einfachen vorzuziehen…“. Damit hätte er auch seine Argumente deutlich durchdachter gestaltet und würde nicht mehr seinen eigenen Aussagen bezüglich Rationalismus widersprechen. Wahrscheinlich hat er die Mehrheit der Menschen gemeint, aber dann sollte er seinen Text auch entsprechend gestalten.