Wir werden für Emmi Abfall designen

Am Ende dieses Semesters findet unser Modul über Produkte aus Kunststoff statt. Generell ist das für mich persönlich bereits ein kritisches Modul, da ich keinen Kunststoff kenne, dessen Einsatz ich für ökologisch sinnvoll halte. Mit der Bekanntmachung, dass es sich bei dem Produkt um eine Verpackung handeln wird, wurde mein Gewissenskonflikt noch verschärft. Eigentlich dachte ich, das wäre schon an der Grenze der Zumutbarkeit, jedoch kann man diesen Umständen tatsächlich noch die Krone aufsetzen: Die Verpackung soll für die Firma Emmi gestaltet werden.

Schon allein aus wirtschaftlicher Sicht halte ich Emmi für einen fragwürdigen Konzern: Im Jahr 2012 wurde Emmi mit 41 Millionen Franken Steuergeldern vom Staat subventioniert (1). Der Betrieb erwirtschaftete noch im gleichen Jahr einen Reingewinn von 146,3 Millionen Franken (2).

Des Weiteren ist mir der Betrieb negativ aufgefallen bezüglich der vertriebenen Produkte: Jahr für Jahr fällt ihnen eine Idee für eine noch dümmere Kollektion ein. Aktuell wird besonders intensiv diese „Energy Milk“ beworben, mit Leitsätzen wie: „Gib‘ dir volle 26g Protein-Power und Vitamine bei purem Geschmack. Die Emmi-Energy-Milk High Protein – low carb, no added sugar.“

Quelle: http://www.emmi-energy-milk.ch/produkte/
abgerufen am 05.04.2017

Man bedenke, dass keine exakte Definition für den Term „High Protein“ existiert, aufgrund dessen ist dies eine leere Marketing-Worthülse. Nun könnte man sich fragen, ob das Getränk denn wenigstens gesund ist. Bei genauerer Betrachtung der Zutatenliste kommt man aber zum gegenteiligen Schluss:

Teilentrahmte Schweizer Milch, 8% Erdbeersaft aus Konzentrat, Milchprotein, Stabilisator E339, Aromen, Farbstoff Karmin, Süssungsmittel (Cyclamat, Acesulfam-K), Verdickungsmittel Carrageen, Vitamine E, B6, B2, B1, D.

Cyclamat ist ein Süssungmittel, welches im Verdacht steht Krebs zu erregen. In den USA ist der Einsatz dieses Stoffes seit 1970 verboten.

Bei Karmin handelt es sich um getrocknete Schildläuse. Für ein Kilogramm dieses Farbstoffes werden über 100.000 Schildläuse benötigt. Die hübsche rote Farbe dieses Getränks ist demnach das Resultat von tausenden toten Läusen.

Die Stoffe, welche der Nummer E339 zugeordnet werden stehen im Verdacht, Hyperaktivität, allergische Reaktionen und Osteoporose auszulösen.

Nun lässt sich schlussfolgern, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu genötigt werden eine verführerische Verpackung zu entwerfen, welche den KonsumentInnen gesundheitliche Vorteile vortäuscht und nach wenigen Minuten des Gebrauchs vermutlich in einem konventionellen Mülleimer landet. Und all das für ein Unternehmen, welches steuerlich subventioniert wird bei gleichzeitigem Millionengewinn. Und die problematischen Bedingungen bezüglich der Intensivtierhaltung und Klimaerwärmung wurden in diesem Text noch nicht einmal angesprochen.

Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass der Eintrag im Vorlesungsverzeichnis fehlerhaft ist. Darf man auch streiken? Oder ein Veto einlegen? Ist das Nachhaltigkeitskonzept der ZHdK derart situationselastisch?

 

(1)
http://www.beobachter.ch/justiz-behoerde/gesetze-recht/artikel/subventionen_staatsgeheimnis-kaese/
abgerufen am 05.04.2017

(2)
http://www.handelszeitung.ch/unternehmen/emmi-steigert-umsatz-und-gewinn
abgerufen am 05.04.2017

 

5 Gedanken zu „Wir werden für Emmi Abfall designen“

  1. Mit Genuss las ich deinen Kommentar zu unsere künftige Kooperation mit Emmi. An diesem Beispiel überlege ich mir wieder einmal, wie sehr wir als Designer überhaupt Einfluss haben etwas Gutes zu entwerfen. Sind wir als Designer einfaches werkzeug für grosse skrupellose Multimillionen Firmen? Nehmen wir diese Rolle hin oder stehen wir für unsere Werte ein? Wie sehr müssen wir uns nach dem Studium verbiegen, und wie weit müssen wir Prinzipien über Board werfen, weil wir eben doch Arbeit wollen?

  2. Das ist flott geschrieben und klug argumentiert, ganz im Sinne von Papanek („Es gibt Berufe, die mehr Schaden anrichten als der des Industriedesigners, aber viele sind es nicht.“). Aber es ist auch ein wenig ungerecht, finde ich. Kunststoff ist nun mal ein Leitwerkstoff unserer Zeit; ohne Kunststoff wären grosse Teile des Industrial Design nicht denkbar. Eine Einführung in den Entwurf mit Kunststoff gehört also ins Grundstudium. Und weil gerade auch von Studierendenseite immer wieder Praxisbezug und die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft gefordert wird, wäre auch die Kooperation mit Emmi nicht einfach zu verurteilen. Das sage ich als „advocata diaboli“ 🙂 (ein Text von mir zum „situationselastischen“ – wunderbares Wort, by the way – Nachhaltigkeitsverständnis der ZHdK liegt auf Halde … ich hoffe ja immer noch, dass die Redaktion des Zett-Magazins ihn doch mal noch veröffentlicht …).

    1. Ich sehe insbesondere Wegwerfartikel als kritisch und mir ist Emmi extrem unsympathisch. Der Nutzen von Kunststoff an sich leuchtet mir schon ein und ich freue mich schon mehr über die technologischen Aspekte des Materials zu erfahren, dennoch stehe ich dem Werkstoff sehr kritisch gegenüber.

      Dürfte ich deinen Text über das Nachhaltigkeitsverständnis der ZHdK lesen? Hört sich sehr interessant an und ich würde gerne mal erfahren, wie du professionell gegen eine Institution argumentierst.

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